Deutschland liegt bei der Zahl der aufgenommenen ukrainischen Flüchtlinge nach Polen an zweiter Stelle. Nach den neuesten Daten erhielten den Status des vorübergehenden Schutzes in Deutschland 967.000 Menschen. Eine beträchtliche Anzahl von ihnen (115.000) befindet sich in Bayern. Die Evangelisch-Lutherische Kirche Bayerns und mit ihr verbundene Organisationen halfen und helfen Flüchtlingen aus der Ukraine seit den ersten Tagen des ausgebrochenen Krieges aktiv.
In Nürnberg, der größten historisch lutherischen Stadt Bayerns, und im Umland hat sich die Stiftung SinN (kurz für Seelsorge in Nürnberg) in den Hilfsprozess eingebracht, die seit 2007 mit Migranten aus der ehemaligen UdSSR arbeitet, die heute 9 % der Lutheraner in Bayern ausmachen. Einige von ihnen kamen auch aus der Ukraine, sodass der Fond bereits Erfahrung in der Arbeit mit Menschen aus unserem Land hatte, als die ersten Flüchtlinge aus der Ukraine ankamen.
Sabine Arnold, Projektleiterin „Aussiedlerseelsorge“ der SinN-Stiftung, Dekanatsbeauftragte, sprach über die Arbeit von SinN mit ukrainischen Flüchtlingen in Nürnberg und Umgebung:
„Bereits am 24. Februar fand auf unsere Initiative hin das erste Friedensgebet statt. Am 26. Februar verbrachten wir sie in Nürbergs größter Kirche, der Lorenzkirche. Seitdem finden dort jeden Freitag um 17 Uhr solche Gebete statt. Gebete werden auf Deutsch, Ukrainisch und Russisch gelesen. Außerdem finden bei unserer Teilnahme einmal im Monat in der lutherischen Kirche St. Leonhard russischsprachige Gottesdienste statt, die von Flüchtlingen aus der Ukraine besucht werden „.
Neben der geistigen Obhut brauchen die Flüchtlinge auch die Gestaltung des Alltagslebens. Allein in Nürnberg gibt es derzeit rund 8.000 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, von denen die Hälfte Kinder sind, unter den Erwachsenen sind 80% Frauen. Obwohl die Bundesregierung beispiellos große Hilfe leistet, fällt es ihnen schwer, sich in einem anderen Land zu orientieren, oft ohne Sprachkenntnisse. Es gibt auch Schwierigkeiten bei der Arbeit von Regierungs- und Versorgungseinrichtungen, die nicht bereit waren, so viele Flüchtlinge zu versorgen. Sabine Arnold erzählt auch, welche Hilfe die Kirche über die SinN-Stiftung leistet:
„Unser Ziel ist es, Flüchtlingen zu helfen, sich in der Gesellschaft anzupassen. Als die ersten Flüchtlinge kamen, begannen unsere Mitarbeiter und Freiwilligen sofort zu helfen. Sie suchten eine Unterkunft für sie, organisierten eine soziale Küche, führten Aufklärungsarbeit mit öffentlichen Einrichtungen durch. Die Stiftung organisierte für Neuankömmlinge Deutschkurse. Wir haben auch das Projekt „Du bist etwas Besonderes“ geschrieben, um Kindern von Flüchtlingen mit den Besonderheiten der psychoneurologischen Entwicklung zu helfen und haben eine Finanzierung dafür gefunden.
Seit 2007 organisiert die Stiftung Tageslager in der Region Schweinau, in denen besonders viele Migranten leben, darunter auch russischsprachige. Sie finden in den Räumen der Kirche des Heiligen Kreuzes statt, wo sich früher die Orgel der Kirche St.Paul, Odessa befand. In diesem Jahr haben wir Flüchtlingskinder aus der Ukraine und ihre Eltern in die Organisation einbezogen. Das letzte dieser Lager fand vom 8. bis 12. August statt, an dem 60 Kinder teilnahmen, von denen die Hälfte ukrainische Flüchtlinge waren „.
Nürnberg ist nur eine der Städte in Deutschland, in denen sich die lutherische Kirche für Flüchtlinge aus der Ukraine einsetzt. Rund 5.000 davon befinden sich in Regensburg, der Partnerstadt von Odessa, und im Umland. Regensburg ist eine kleine Stadt, in der die Lutheraner in der Minderheit sind. Trotzdem leisten lokale evangelische Organisationen aktive Hilfe für Flüchtlinge. Sozialer Mittelpunkt des Lutherischen Dekanats Regensburg ist das alte Alumneumsgebäude, in dem sich das Dekanat befindet. Die Räumlichkeiten des Alumneums werden aktiv für Bildungs- und Sozialarbeit genutzt.
Insbesondere beherbergt dieses Gebäude die Geschäftsstelle der Stiftung Evangelisches Bildungswerk Regensburg (EBR), das EBR-Team hat schnell auf die Ankunft der ersten Flüchtlinge aus der Ukraine reagiert und sich in den Prozess der umfassenden Hilfeleistung eingebracht.
Dr. Karsten Lenk, Geschäftsführer, pädagogischer Leiter des EBR, sagte: „Für die ersten ukrainischen Flüchtlinge, die ankamen, war es schwierig, Deutschkurse zu finden, um sich an das neue Land anzupassen. Deshalb haben wir für sie am Alumneum-Stützpunkt Gruppen organisiert, damit sie diese besuchen können, bis der offizielle Studienbeginn möglich ist.“
Dank der Unterstützung der Kirche und einer sehr großzügigen Einzelspende konnte im Martin-Luther-Saal im Alumneum das „Ukrainian Cafe“ eröffnet werden, das zuvor ein regelmäßiger Treffpunkt im Format eines Familiencafes für die Anwohner war. Es öffnete am Montagnachmittag und am Freitagmorgen seine Türen für ukrainische Frauen und ihre Kinder, die die Mehrheit der Flüchtlinge ausmachen. Erwachsene können kommen und kostenlose Getränke sowie von Freiwilligen zubereitete Speisen zu einem sehr niedrigen Preis genießen. Im Café gibt es einen Spielbereich für Kinder. Das EBR-Team ist bestrebt, das ukrainische Café zu einem sicheren Ort zu machen, an dem man sich treffen, kennenlernen und kommunizieren kann. Während der Treffen gibt es immer Organisatoren, die Ukrainisch, Russisch und Polnisch sprechen, sowie ein ukrainisch sprechender Psychologe.
Birgit Koch, eine der Organisatorinnen des Projekts, teilt ihre Eindrücke mit: „Die Unterstützung und Hilfe der Regensburgerinnen und Regensburger ist großartig. So viele Freiwillige haben sich bei uns gemeldet und ihre Hilfe angeboten!“ Das Team plant bereits neue Besucherkurse, wie zum Beispiel Mutter-Kind-Kurse„.
Die Lutheraner in Bayern sowie in ganz Deutschland haben bereits große Hilfe für Flüchtlinge aus der Ukraine geleistet und leisten diese auch weiterhin. Was im Artikel beschrieben wird, ist nur ein kleiner Teil des Bildes. Mitarbeiter der Kirche und ihrer Stiftungen, Ehrenamtliche, mit Unterstützung großzügiger Spender, nutzen die bereits vorhandene Erfahrung in der Arbeit mit anderen Bevölkerungsgruppen, passen sie kreativ an die aktuelle Situation an und erfüllen damit das Gebot des Herrn: „Ein Fremder, der sich bei dir niedergelassen hat, der sei dir gleich wie ein Eingeborener; liebe ihn wie dich selbst“ (Lev. 19:34)
Alexander Zhakun, Diakon der DELKU in Odessa