Evangelisch-lutherischer Bischof aus der Ukraine zu Besuch in Wien
Evangelisch-lutherischer Bischof aus der Ukraine zu Besuch in Wien
Wien/Charkiw (epdÖ) – Bei seinem Besuch in Wien appelliert der Bischof der evangelisch-lutherischen Kirche in der Ukraine an die Solidarität der Menschen in Österreich: „Ich bitte, dass die Hilfe, die momentan stattfindet, weiterhin durchgehalten werden kann, auch unter dem Bewusstsein, dass es nicht nur um akute Hilfe geht, sondern der Krieg auch länger dauern kann“, sagt Pawlo Shwarts. Der 39-jährige Pfarrer aus Charkiw, der zweitgrößten Stadt der Ukraine, ist zugleich Bischof der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in der Ukraine (DELKU), die in der vielfältigen religiösen Landschaft der Ukraine mit ihren rund 1.000 Mitgliedern in 24 Pfarrgemeinden eine Minderheitenkirche bildet. Für zwei Tage war Shwarts zu Besuch in Wien, am Programm standen Gespräche mit dem Generalsekretär der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa, Mario Fischer, dem evangelisch-lutherischen Bischof Michael Chalupka und Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser.
Hilfe sei „kein romantisches Abenteuer“, aber die Motivation für die Hilfe komme aus dem Glauben, zeigt sich der Bischof im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst am Dienstag, 3. Mai, in Wien überzeugt. Gleichzeitig sei der Glaube selber „eine große Hilfe in diesen Krisenzeiten“. Wichtig ist ihm, dass gerade angesichts des „russischen Propagandadrucks die Dinge beim rechten Namen genannt werden“. In diesem Konflikt sei klar, „wer der Aggressor und wer das Opfer ist“. Charkiw stehe weiter unter heftigem russischem Beschuss. Vor allem der Norden der Stadt sei kaum mehr bewohnbar, die Hälfte der ursprünglich 1,5 Millionen Einwohner zählenden Stadt habe diese verlassen. Dennoch lebten einzelne Menschen auch dort noch in Kellern oder Häusern, obwohl der Beschuss durch Artillerie und Raketen auf die Wohnblocks weitergehe. „Menschen, die noch hier sind, haben seit 2014 die Erfahrung gemacht, man kann vielleicht bleiben und überleben“, erklärt der Bischof, doch jetzt sei die Situation eine andere, „dieser Krieg ist viel gefährlicher, viel aggressiver“.
Dennoch funktioniere die Stadt in den südlicheren Teilen trotz der Krieges „eigentlich ganz gut“. Die Versorgung mit Lebensmittel, Wasser, Gas und Strom sei gegeben, ebenso die Infrastruktur wie die Müllentsorgung intakt und auch Krankenhäuser in Betrieb. Benzin werde jedoch knapp. Und zu den anfänglichen humanitären Schwierigkeiten kommen nun vermehrt psychische Probleme: „Menschen leben hier bereits seit über zwei Monaten in Kellern oder U-Bahn-Stationen.“
Die Mehrheit der Familien mit Kindern habe die Stadt verlassen, und auch Pawlo Shwarts ist erleichtert, dass er seine Familie nach Polen in Sicherheit bringen konnte. In Charkiw beteiligen sich die Pfarrer an der Hilfe für die Menschen vor Ort, „bringen Lebensmittel direkt zu Menschen in die U-Bahn-Stationen oder versuchen Leute aus der Stadt zu evakuieren“. Bei der Hilfe arbeiten die Kirchen eng zusammen, auch Gottesdienste finden noch statt, allerdings „manchmal in improvisierten Räumen, in Kellern oder U-Bahn-Stationen“. Der Bedarf an Seelsorge werde immer größer, doch es fehlten die Menschen, die professionelle Hilfe leisten könnten.
Hilfe aus dem Ausland sei als finanzielle Unterstützung am effektivsten, rät der Bischof. „Derzeit kann man noch die meisten Dinge in der Ukraine kaufen“. Die ukrainische Wirtschaft habe sich an den Krieg angepasst, „wenn die Hilfsgüter vor Ort gekauft werden stärkt das auch die ukrainische Wirtschaft“.
Bischof Chalupka: In Fürbittgebete aufnehmen
Am Mittwoch, 4. Mai, war Shwarts auch Gast in der Sitzung des Evangelischen Oberkirchenrates A.u.H.B. Nach dem Gespräch rief Bischof Michael Chalupka dazu auf, in den Gottesdiensten der Evangelischen Kirche in Österreich bei den Fürbitten all jener zu gedenken, die unter dem Krieg in der Ukraine leiden und insbesondere für Bischof Pawlo Shwarts zu beten.
Quelle – evang.at/